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Willkommen bei Paul Graetz

Der deutsche Indiana Jones

In der Vergangenheit wurden viele große Taten durch Mut und Beharrlichkeit vollbracht. Eine davon war die erste Durchquerung des südlichen Afrika mit dem Auto, unternommen von dem deutschen Pionier.

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Kurzbiografie

Jugend in Afrika

Paul-Graetz

Der barocke Genussmensch Paul Graetz wuchs in Dresden bei seinem Onkel auf, nachdem sein Vater früh verstarb. Technikbegeistert und aufstiegsorientiert verpflichtete er sich in der kaiserlichen Armee. Wegen seiner guten Ausbilderleistungen wurde ihm ein Auslandseinsatz im Boxeraufstand 1900 verwehrt.

Bereits 1901 erhielt er wegen besonderer Tapferkeit im Frieden als Leutnant das Ritterkreuz II. Klasse und wurde zur Belohnung auf eigenen Wunsch in die damalige Kolonie Deutsch-Ostafrika versetzt. Hier war er mit Straßenbau beschäftigt, einer Aufgabe, die wegen fehlender Haushaltsmittel vorzeitig beendet wurde.

In seinem Amtsbereich kam es während des großen Maji Maji Aufstands zu keinerlei Ausschreitungen. Seine Amtsführung war fürsorglich und ausgesprochen weitsichtig: War es gefährlich, im Inneren Afrikas zu reisen? „ Die Verletzung der Menschenrechte der Eingeborenen führte meist zur Katastrophe, sei es, daß der Europäer dem Eingeborenen sein Eigentum wegnahm, sei es, daß er sich an der Frau des Negers verging, oder infolge von Mißverständnissen, wie er die Sprache nicht verstand, daher die Situation verkannte, sich bedroht fühlte und mit der Schußwaffe drohte.“

„Ein Beweis, wie richtig es ist, keine Waffe zu tragen! Noch eine Lehre: Immer erst in Ruhe „Schauri“ machen, d.h. verhandeln.“

Mit dem Automobil quer durch Afrika

Leutnant-Graetz

In die Heimat zurückversetzt, fing er sofort an, seine Afrikaquerung mit dem Automobil auf eigene Faust und eigene Rechnung zu planen. Er startete unter einem Decknamen eine Ausschreibung für ein Afrikaquerungsautomobil mit 35 cm Bodenfreiheit - den ersten Geländewagen der Welt. Die auf Sonderfahrzeuge spezialisierten Fahrzeugwerke Gaggenau erhielten den Auftrag.

Am 12. März 1907 vermeldete eine Berliner Zeitung: „Ein deutscher Offizier beabsichtigt, Afrika mit dem Automobil zu durchqueren. Er scheint nicht zu wissen, daß es im Hinterland des schwarzen Erdteils weder Benzin noch Öl noch Reifen zu kaufen gib. Der Plan dieses Herrn kommt auf dasselbe heraus, als wolle er eine Reise zum Mond unternehmen...“

Um den Beweis anzutreten, dass seine Ideen keine Spinnereien waren, trat er aus der Armee aus. Damit galt er als Zivilist, der sein Verhalten selbst zu verantworten hat.
In Gaggenau half er beim Zusammenschrauben des Fahrzeugs um unabhängiger vom Chauffeur zu sein.

Mit dem Automobil durch Afrika

Das Fahrzeug verschiffte Paul Graetz nach Dar-Es-Salaam im heuigen Tansania, wo er am 10. August 1907 seine Reise am Postamt begann. Bereits nach 6 Expeditionstagen platzten bei einer Wasserdurchfahrt alle 4 Zylinder und man musste 3 Monate auf Ersatzteile und einen neuen Chauffeur warten, da der alte Chauffeur sich bereits aus dem Staub gemacht hatte.

Mit Ochsenwagentransporten wurde ein Tankstellennetz und 22 Ersatzteillager - zum Teil als Grab getarnt, um Diebstahl vorzubeugen - vorbereitet. Nach geplatzten Zylindern, abgerissenen Hinterachsen, aus Liebeskummer zu einer Löwenbändigerin geflüchteten Chauffeuren, aufgebrauchten Geldmitteln, Fieberträumen, verdunstetem Benzin, eingestürzten Brücken und oftmals dem Verdursten nahe erreichte Paul Graetz letztendlich nach 630 Tagen, am 01.05.1909, sein Ziel Swakopmund. Die Ber-#liner Zeitung bekam eine Postkarte aus Swakopmund:

„Bin auf dem Mond angekommen, Paul Graetz“.

Wieder nach Deutschland zurückgekehrt wurde er von einer Gesellschaft im Aufbruch als "Star" empfangen.

Er hielt Vorträge mit farbigen Dias in den größten Hallen Europas und prägte das Berliner Nachtleben.

Als Willensmensch, der einmal angefangene Dinge zum Erfolg bringt, standen bei seiner zweiten Expedition die Sponsoren Schlange: Dr. Oetker, Knorr, Löwenbräu, Bahlsen...

Mit dem Motorboot quer durch Afrika

Im Dschungel während der Motorbootexpedition

Mit dem Expeditionsboot "Sarotti" begann er 1911 die Durchquerung des afrikanischen Kontinents auf dem Wasser. 240 Kilometer wurde das Boot über Land gezogen, 45 Minuten Filmaufnahmen gedreht. Bei einem Büffelkampf stirbt der französische Kameramann Octave Fieres, Graetz wird schwer verletzt. Mit einem Gürtel, der den Kiefer am Kopf festzurrt, setzt Graetz die Reise durch das Gebiet des sagenumwobenen Bangwelu Sees fort, bis die Mombatuta Fälle in einem Grenzfluss zum Congo der Expedition ein Ende setzen.

Zurück in Deutschland

In Deutschland hielt er weitere Vorträge und führte den Expeditionsfilm vor, die ersten Filmaufnahmen aus Zentralafrika. Mit einem zweiten Boot querte er 1912 Afrika dann über den Congofluss.

Seine Diavorträge ermöglichten ihm ein sorgenfreies Leben. Er residierte in den vornehmsten Hotels und hatte eine Dauersuite im Berliner Hotel Adlon.

Ab 1914 bereitete er eine deutsch-englisch-holländische Luftschiff-Vermessungs -Expedition nach Papua-Neuguinea vor, der 1. Weltkrieg verhinderte aber die Durchführung. Er war bis 1915 Kommandoführer der Militärfliegerschule und Fokkerflugzeugfabrik in Schwerin, bis er die Knackigkeitsgrenze für Militärpiloten erreichte. Graetz plante dann sofort für die Zeit nach dem Krieg und gründete mit der Deutschen Aero-Lloyd eine Vorläuferfirma der Lufthansa.

Graetz mit seiner Familie

Während seiner Hochzeitsreise nach Südostasien in den 20er Jahren knüpft er als Lobbyist der deutschen Industrie wieder Handelsfäden, gründet die erste Glasfabrik Indonesiens und verkauft Landmaschinen.

Er hat seine Expeditionen nie sinnfrei geplant, sondern hatte immer auch konkrete wirtschaftliche Interessen bzw. dessen praktische Umsetzung im Blick. Heute würde er sicher für SAFRI arbeiten.

Durch Kaisertreue immunisiert wollte Graetz im Dritten Reich nicht in die Partei eintreten und war dafür ein paar Tage im Gefängnis. Aufgrund seines Alters wurde ihm aber eine weitere Haft entlassen.

Graetz-1960-Portrait

Er heiratete 1941 als 66jähriger seine dritte Ehefrau, die 25-jährige Wally Pods, auf dem Standesamt Potsdam-Babelsberg. Knapp ein Jahr später wurde seine Tochter Uta geboren. Den Bombenangriff auf Dresden überlebte die Familie.

Da Graetz auch in der Sowjetischen Besatzungszone nicht in eine Partei eintreten wollte, erhielt er keine Diavortragsgenehmigung. Aus Dresden musste die Familie Graetz 1949 mit Hilfe der Engländer fliehen, da er im Verdacht stand, wegen seiner guten Englischkenntnisse über den Uranabbau in Wismut zu spionieren.

 

1950 bereitete er - fast erblindet - eine dritte Afrikaquerung von Kapstadt nach Kairo mit einem Borgward Fahrzeug und Dehtleffs-Anhänger vor. Die Reise sollte Vergleiche zwischen heute und „damals“ auf allen Gebieten der Wissensschaft und der Wirtschaft ermöglichen. Diesmal mit einem Serienwagen und unter normalen Touristenverhältnissen. Bei der Ausreise von Venedig verletzte sich die Fahrerin Wally Graetz und die Expedition fand nicht statt.

Lübecker-Nachrichten

Die letzen Lebensjahre verbrachte Paul Graetz geistig frisch in seinem Haus "Afrika-ruh" in Travemünde.

Auf seinem Grabstein war zu lesen:

Paul Graetz africanus
Carpe Diem
25.07.1875 - 16.02.1968

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