Mit dem Motorboot quer durch Afrika
1911 / 1912
Motorboot Jubiläum 17.12.2012
100 Jahre Afrikaquerung mit dem Motorboot
Der deutsche Afrikapionier Paul Graetz, bekannt durch seine abenteuerliche Erstdurchquerung Afrikas mit einem Benz - Automobil von 1907 -1909, durchquerte den dunklen Kontinent 1911 - 12 in zwei Etappen auch mit Motorbooten. Da seine erste Expedition durch seine Beharrlichkeit letztendlich entgegen aller Voraussagen " als wäre es eine Reise zum Mond" erfolgreich abgeschlossen wurde, standen die Sponsoren aus der ersten Reihe der deutschen Wirtschaft nun verzuglos bereit, um die nächste Expedition von Paul Graetz zu unterstützen.
Er starte mit dem in Bremen – Vegesack in der Lürßen Werft gebauten Brandungsboot „Sarotti“ am 20.04. 1911 im Mozambik am Hafen Chinde, fuhr über den Sambesi, Shire-Fluss auf den Lake Malawi bis nach Karonga am Nordende des Sees. Von hier aus stellte er eine Karawane mit 60 Trägern und 60 Damen Logistik zusammen, die das Boot auf anmontierten Fahrzeugrädern über die zentralafrikanische Wasserscheide zerrten, schleppten und schoben. 38 Tage, vom 21.06. - 28.07.1911 brauchte er für die 240 km lange Strecke.
Ein paar Filmaufnahmen des französischen Kameramanns Octave Fieres sind davon erhalten geblieben!
Bei den gemachten Filmaufnahmen handelt es sich um die ersten Filmaufnahmen aus Zentralafrika.
Fitzcarraldo ist Fiction, Paul Graetz war echt!
Bei einem Büffelkampf verlor Octave Fieres sein Leben und Paul Graetz beinahe seinen Unterkiefer. Mit einem Gürtel befestigte er ihn wieder an seinem Kopf und schleppte sich 5 Tage durch die Wildnis bis zum nächsten Arzt. Nach einmonatiger Genesung in Kasama, dem heutigen Mbala in Nordsambia, setze er am 14.11. 1911 seine Expedition durch die geheimnisvollen Flugsaurierrückzugsgebiete Bangwelu Sümpfe mit 5 Eingeborenen fort.
Der Lake Bangwelu war so eine Art Loch Ness des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich wurde auch eine Haut eines Flugsauriers - des gefürchteten Nsanga - gefunden. Ein Lebender allerdings bis heute nicht. Ein gutes Versteck also.
Es ging über den Luapula Grenzfluß zwischen Congo und Nord Rhodesion bis zu den Mombatatu - Fällen. Hier war Schluß. An 9m hohen Flusskatarakten musste er schließlich aufgeben. Er bekam keine Genehmigung seine Arbeitskräfte und Wupper weiter nördlich ins Tse-Tse-Fliegengebiet mitzunehmen und erhielt weitere ablehnende Telegramme des Gouverneurs von Rhodesien und vom Magistrat von Fort Rosebery. Sein Entschluss: Motorboot überwintert bis Juni in Kalonga. Graetz übergibt die Aufsicht über das Boot dem Baushi – Häuptling an den Schnellen von Chunga.
So reiste er am 17.01.1911 geschwächt mit dem Fahrrad zur 90 km entfernten Eisenbahnstation Sakania, dann mit der Eisenbahn via Livingstone und Victoria Falls, Bulawayo - Kimberley nach Kapstadt, wo er am 24.01. ankam. In 8 Tagen legte er so 3.600 km zurück bis zur Station zurück nach Deutschland, um eine Durchfahrtgenehmigung auf diplomatischen Wege von Berlin aus zu erwirken.
Bereits drei Wochen nach seiner Rückkehr aus Sambia hielt Paul Graetz Vorträge mit handkolorierten Dias und einer ersten Schnittfassung seines Filmes um Sponsorengelder für den zweiten Teil seiner Expedition zu gewinnen.
Am 11. Mai 1912 - nur wenige Tage nach dem Untergang der Titanic - kommt die Meldung von der belgischen Zollstation in Kasenga das die „Sarotti“ gesunken ist und 5 Meter unter Wasser liegt. Eisberge kamen dafür wohl nicht in Frage, aber ich vermute, dass das Boot auf der anderen Flußseite im Belgisch-Congo Begehrlichkeiten weckte. Die belgische Zollstation befindet sich bei S10° 37' 45" E26° 45' 27".
1912 rüstete er eine zweite Expedition aus und startete die Querung mit dem Motorboot „Hygiama“ auf dem Congo-Fluss. Am 17.12. 1912 kam er an der Stelle raus, an der die „Sarotti“ gesunken war. Afrika war auch mit dem Motorboot durchquert.
Reisebericht
Der Reisebericht "Mit dem Motorboot durch Afrika" von Paul Graetz ist 1912 und 1913 in zwei Teilen reich bebildert erschienen:
"Im Motorboot quer durch Afrika"
Vom Indischen Ozean zum Kongo.
Berlin Braunbeck & Gutenberg 1912
"Im Motorboot quer durch Afrika" Zweiter Teil
Durch den Kongo und Neu-Kamerun. Berlin Braunbeck & Gutenberg 1913 "Im Motorboot quer durch Afrika"
Eine Neuauflage mit allerdings viel weniger Bildern erschien im Verlag von Reimar Hobbing in Berlin SW 61 2. Auflage 1926
Ein weiterer Artikel erschien in der Zeitschrift "Das Boot"
(als pdf 5 MB)
SPONSORENLISTE
Sponsorenliste der Deutschen Motorbootexpedition durch Afrika DEMEDA von Paul Graetz ( die fett gedruckten Firmen gibt es heute noch )
- Bootswerft Firma Lürssen - Aumund - Vegesack
- Bolinders Maschinenbaufabrik, Patent bis 1998 - Berlin
- Heinrich Ernemann AG Kameras (heute Pentacon-Practica ) - Dresden
- Hofbüchsenmacher Barella - Berlin
- S. Adam Sport- und Modegeschäft ( bis zum 2 Weltkrieg ) - Berlin
- Deutsche Oelwerke/Uniquema - Berlin
- Fritz Ziegenspeck, Dt. Angelgeräte Manufaktur/D.A.M. - Berlin
- Berkefeld-Filter-GmbH - Celle
- Müller-Uri, Negerglasaugen - Lauscha
- Müller, Ph. Sohn, Glasperlen - Lauscha
- Fürstenbrunn, Tafelwasser ( Quellennutzung bis heute ) - Fürstenbrunn b. Berlin
- Hygiama - Dr. Theinardts Nährmittel Gesellschaft - Cannstatt
- Sarotti AG, Schokolade, Kakao ( Heute bei Stollwerck ) - Berlin
- Löwenbräu AG - München
- Paul Juhl, Cigarrenfabrik ( eingestellt nach 2. Weltkrieg ) - Pankow
- Manoli-Cigarettenfabrik/seit 1924 Reemtsma - Berlin
- C.H.Knorr AG, Suppen - Heilbronn
- E.Graefe, Fischkonserven - Altona
- Türk und Papst, Saucen - Frankfurt am Main
- Hartwig Kanto row-graetzicz AG, Liköre ( bis 1. Weltkrieg ) - Posen
- Istri –Brotfabrik - Berlin
- Wolff & Co., Wurstkonserven/Textilfabrik? - Bünde in Westfalen
- H.Motard & Co., Kerzen/ab 1970 Scheidemandel AG - Sternfeld bei Spandau
- Dr.A. Oetker, Backpulverfabrik - Bielefeld
- J.T.Brendler, Tücher ( Heute unter polnischer Leitung ) - Reichenau
- Gesellschaft für Baumwollindustrie, bunte Stoffe ( bis 1986 ) - Hilden
- Compagnie Ray, Seife, Hinweis auf Patent ( bis 1962 ) - Berlin
- Braunschweiger Mumme Brauerei - Braunschweig
- F.Wolff & Sohn, Parfümerien und Zahnwasser ( bis 1925, ab 1973 an Schwarzkopf GmbH ) - Karlsruhe
- Hannoversche Cakes-Fabrik ( ab 1912 H. Bahlsen ) - Hannover
- Eduard Rein, Durchschreibehefte - Chemnitz
- Gebrüder Wiedemann, Alpenkäse - Wangen bei Konstanz
- Deutsche Zündholzfabrik AG ( bis 1959 ) - Berlin
- Nürnberger Toilette – Papierfabrik 1906 gegründet ( bekanntestes Produkt TEMPO Taschentücher ) 1993 Standort Nürnberg geschlossen. Heute Svenska Cellulosa AB.
Die deutschen Vertretungen für:
- Irroy, Champagner - Berlin
- Meukow, Cognac ( heute Cognac CEDEX France ) - Hamburg
- Perfection Whiskey - Bremen
Exponate
Museum für Völkerkunde Arnimallee 27 14195 Berlin - Dahlem
Inventarnummern III E 14681 - 14693.
Pfeile, Bogen, Korb, Fischernetz, Gefäßrasseln.
Diese Gegenstände brachte Graetz von den Watua, einem Stamm am Südeende des Lake Bangwelu mit.